Arbeitnehmerinnen, die aufgrund von Schwangerschaft beurlaubt oder auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt sind, stehen ihr monatliches Grundgehalt und die Zulagen zu, die sich aus ihrer beruflichen Stellung ergeben. Erhalten sie jedoch Zulagen und Vergütungen, mit denen die Nachteile ausgeglichen werden sollen, die mit der Ausübung bestimmter Tätigkeiten verbunden sind, haben sie darauf keinen Anspruch. Diese Zulagen erhalten die Arbeitnehmerinnen nur dann, wenn sie die Tätigkeiten auch tatsächlich ausüben. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 1. Juli 2010 (Az: C-194/08 und C-471/08). In dem ersten dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegten Fall ging es um eine Assistenzärztin aus Graz. Diese bezog neben ihrem Grundgehalt eine Bereitschaftsdienstzulage für Überstunden. Während ihrer Schwangerschaft bescheinigte ein medizinisches Zeugnis, dass ihr Leben bzw. ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der beruflichen Tätigkeit gefährdet wären. Die Ärztin wurde daraufhin nicht mehr beschäftigt. Anschließend nahm sie ihren Mutterschaftsurlaub. Nach österreichischem Recht ist die Zahlung einer Zulage für Bereitschaftsdienste an Personen, die nicht auch tatsächlich diese Dienste leisten, ausgeschlossen. So erhielt die Ärztin die Zulage nicht in der Zeit, in der sie nicht arbeitete. In dem zweiten Fall ging es um eine Finnin, die vor ihrer Schwangerschaft als Kabinenchefin bei einer Fluggesellschaft gearbeitet hatte. Ein Großteil ihres Gehaltes bestand aus Zulagen, die sich aus ihrer leitenden Position ergaben oder mit denen die speziellen Nachteile ausgeglichen werden sollten, die mit der Arbeitszeitgestaltung im Luftverkehr verbunden sind. Während der Schwangerschaft wurde der Kabinenchefin vorübergehend ein einer Bürotätigkeit entsprechender Arbeitsplatz am Boden zugewiesen. Hier arbeitete sie bis zum Beginn ihres Mutterschaftsurlaubs. Ihr monatliches Gehalt verringerte sich mit dieser Umsetzung unter anderem deswegen, weil sie keine Zulagen für ihre Funktion als Kabinenchefin mehr erhielt. Die beiden nationalen Gerichte legten dem EuGH die Frage vor, ob die europäische Richtlinie über schwangere Arbeitnehmerinnen es Arbeitgebern gestattet, diesen Arbeitnehmerinnen die Zahlung bestimmter Zulagen zu verweigern, die sie vor ihrer Schwangerschaft erhalten haben. Dies richte sich nach dem Charakter der Zulage, so die Richter. Beide Frauen hätten aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht mehr die Aufgaben ausüben können, die ihnen vor ihrer Schwangerschaft zugewiesen waren. Die Bereitschaftsdienstzulage und bestimmte Zulagen, die die Kabinenchefin erhielt, seien Bestandteile ihres Gehalts, die davon abhingen, dass bestimmte Tätigkeiten unter besonderen Umständen ausgeübt würden. Mit ihnen sollten die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Nachteile ausgeglichen werden. Somit dürfe ihre Zahlung davon abhängig gemacht werden, dass die schwangere Arbeitnehmerin im Gegenzug bestimmte Leistungen tatsächlich erbringe. Anders verhalte es sich mit Bezügen, die sich aus dem monatlichen Grundgehalt sowie den Bestandteilen des Gehalts und den Zulagen zusammensetzten, die an die berufliche Stellung anknüpfen, betonten die Richter. Dazu zählten etwa die Zulagen, die sich aus einer leitenden Position, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und beruflichen Qualifikationen ergäben. Das Gehalt einer schwangeren Arbeitnehmerin, die vorübergehend auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt werde, dürfe jedoch nicht geringer sein als das der Arbeitnehmer, die regulär diesen Arbeitsplatz innehätten. Die Arbeitnehmerin habe Anspruch auf die mit diesem Arbeitsplatz verbundenen Gehaltsbestandteile und Zulagen. Die Richtlinie sehe im Übrigen vor, dass die zu zahlenden Mindestbezüge dem entsprächen, was die betreffende Arbeitnehmerin erhielte, unterbräche sie ihre Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen.
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